Logo, Titelbild Kampagne It's a match, Portraits, Fotos Spender Empfänger

Bernd Szwirblatt erlebte wie sein Vater im Krankenhaus starb – weil nicht genügend Blutkonserven zur Verfügung standen

Geschrieben am: 22.04.2021

Blutspenderinnen und Blutspender retten jeden Tag Menschenleben. Verbindendes Element bei einer Bluttransfusion ist dieselbe Blutgruppe, die Blutspender und -empfänger miteinander vereint. Unsere Kampagne „It’s a match!“ lässt nicht nur Lebensretter zu Wort kommen, sie gibt auch den Patienten eine Stimme und ein Gesicht, die dank Bluttransfusionen zum Beispiel einen Unfall überlebt haben oder trotz einer schweren Erkrankung wieder positiv in die Zukunft schauen können. Sie alle machen Mut und können noch mehr Menschen zum Spenden motivieren. Hier erzählen wir ihre bewegenden Geschichten.

Mittlerweile ist das Blutspenden für den Schleswig-Holsteiner selbstverständlich

Mitte März 2021 sitze ich in Uetersen im schleswig-holsteinischen Kreis Pinneberg Bernd Szwirblatt gegenüber. Der 66-Jährige hat wenige Sätze auf der Pinnwand unserer Kampagne „It’s a match!“ veröffentlicht. (https://blutspende.de/itsamatch/stories). Kurz und knapp hat er beschrieben, was ihn dazu bewogen hat, Blutspender zu werden. Diese wenigen Sätze haben mich neugierig gemacht, deshalb vereinbaren wir ein Treffen. Als Pressereferentin für den Blutspendedienst darf ich häufig Menschen kennenlernen, die interessante, oder auch sehr bewegende Geschichten zu erzählen haben. Die Geschichte, die Bernd Szwirblatt zum Blutspenden veranlasst hat, gehört ohne Zweifel dazu!

Im Sommer 1994 starb Bernds Vater

Bernds Geschichte beginnt im Sommer 1994. Ein sehr heißer Sommer sei das gewesen, erinnert er sich. Ich recherchiere das noch mal und stelle fest, dass der Sommer 1994 zu den heißesten Sommern in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gehört. Zwischen Ende Juni und Ende Juli hielten sich die Temperaturen über einen längeren Zeitraum hinweg bei bis zu 38 Grad.

Genau in diesen Tagen lag Bernds Vater - damals 64 Jahre alt - aufgrund einer schweren Krebserkrankung im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) und kämpfte um sein Leben. Genau wie viele weitere Patienten, war er in diesen Hochsommertagen auf eine Operation angewiesen. „Doch zahlreiche Operationen wurden ausgesetzt. Sie konnten schlichtweg nicht stattfinden. Auch mein Vater konnte nicht operiert werden“, erzählt Bernd mir. Der Grund dafür: Es standen einfach nicht genügend Blutkonserven zur Verfügung, um dringend notwendige Operationen durchführen zu können. Bernds Vater starb am 1. Juli 1994.

Der Blutmangel war die Ursache dafür, dass Bernd auf der Intensivstation der Klinik viele berührende Schicksale miterlebte

„Ich fragte mich damals, 'was tust DU eigentlich dafür, dass so etwas nicht passiert?‘. Man fordert Engagement oftmals nur von anderen ein und trägt selbst nichts bei. Seit dem Sommer 1994 gehe ich regelmäßig zur Blutspende. Durchschnittlich drei bis vier Mal pro Jahr.“

Bernd Szwirblatt
Blutspender aus Schleswig-Holstein

Blutspenden ist für Bernd soziale Verpflichtung gesunder Menschen

Blutspenden empfände er mittlerweile als eine soziale Verpflichtung eines jeden, gesunden Menschen, als Verpflichtung, etwas für die Allgemeinheit zu tun.

Bernd Szwirblatts Geschichte macht auf dramatische Weise deutlich, was wir beim Blutspendedienst gerade an heißen Sommertagen immer wieder erleben: es kommt zu Engpässen in der Blutversorgung. Eine längere Hitzeperiode kann für die Sicherstellung der Blutversorgung unter anderem deshalb zum Problem werden, weil:

  • Potentielle Blutspenderinnen und –spender an solchen Tagen ihre Zeit lieber draußen, vielleicht am Meer oder im kühlen Wald verbringen
  • Einige Menschen fürchten, dass ihr Kreislauf durch eine Blutspende von 500 ml an einem heißen Tag zusätzlich und damit dann zu stark belastet wird
  • Blutpräparate teilweise nur vier bis fünf Tage haltbar sind und in den Depots der Blutspendedienste große Lücken entstehen können, wenn nur ein oder zwei Tage nicht genügend Blut gespendet wird

Wir möchten deshalb immer wieder darauf aufmerksam machen, dass das kontinuierliche Blutspenden für viele Patienten überlebenswichtig sein kann. Und eine Blutspende ist auch bei Hitze gut verträglich, wenn man bestimmte Regeln beachtet.

Bernds Geschichte geht weiter...

Blutspender Berndn Szwirblatt aus Uetersen

Aber Bernds Geschichte endet nicht mit dem Tod seines Vaters im Juli 1994. Er berichtet mir zunächst aus der Zeit, bevor er zum Blutspender wurde. Mehrmals war er bereits als Ersthelfer bei schweren Unfällen vor Ort, hat verantwortungsvoll gehandelt und auf diese Weise Menschenleben gerettet. In den letzten drei Jahren hatte er selbst dann kurz hintereinander gleich mehrere, schwere Schicksalsschläge zu verkraften: Im Jahr 2018 starb sein bester Freund, den er bis zuletzt begleitet hatte. Kurz darauf folgte ein weiterer Todesfall in seinem engsten Freundeskreis.

Gemeinsam mit seiner Ehefrau Merve wollte Bernd dann ab dem Frühjahr 2020 viele Pläne verwirklichen, die beide schon lange hatten. „Ende Februar hatte ich meinen letzten Arbeitstag als Vertriebsleiter bei den Stadtwerken. Meine Frau und ich wollten gemeinsam meinen Ruhestand genießen und hatten noch so viel vor“, erzählt er. Doch dazu kommt es nicht mehr. Anfang Mai klagt Merve Szwirblatt über Schmerzen in der Brust. Als sich ihr Zustand rapide verschlechtert, versucht Bernd, seine Frau durch eine Herzmassage zu retten, aber sie schafft es nicht, stirbt noch am selben Tag. Es sei etwas ganz Anderes, ob man erste Hilfe für eine einem nicht bekannte Person leistet, oder ob es ein Mensch aus dem Kreis der engsten Angehörigen sei, sagt Bernd.

Mit seiner geliebten Frau Merve hat er das erlebt und ähnlich war das Empfinden sicher auch beim Tod seines Vaters viele Jahre zuvor.

Ich habe schon von zahlreichen Blutspenderinnen und –spendern gehört, dass sie zu einem Zeitpunkt begannen, über das Blutspenden nachzudenken, als enge Freunde oder Familienmitglieder von Krankheit oder Notfällen betroffen waren. Das ist sehr menschlich, denke ich.

Bernd Szwirblatt hat mittlerweile bereits 85 Blutspenden abgegeben, und er hat fest vor, die 100 Spenden zu erreichen. Seine Blutgruppe A Rhesus positiv haben in Deutschland rund 37 % der Bevölkerung. Das bedeutet, dass er mit bislang 42,5 abgegebenen Litern Blut „match“ für viele Patienten mit derselben Blutgruppe sein konnte.

Im Mai 2021 jährt sich der Todestag von Bernds Ehefrau zum ersten Mal. Im Mai kann er auch seine nächste Blutspende leisten. Vorher war er für einige Monate nicht zum Spenden zugelassen. Denn er hatte sich ein Tattoo stechen lassen. Seinen linken Unterarm ziert jetzt ein Lebensbaum – in Erinnerung an seine Frau Merve.

Informiere dich doch auch über unsere Kampagne "It's a match!". Wir freuen uns über deinen Beitrag!

. . .

Foto im Beitrag: © S.v.Rabenau/DRK-Blutspendedienst Nord-Ost


Autorin Susanne
Susanne

Liebt als gebürtige Kielerin Wind und Meer und freut sich, dass sie auf vielen Terminen zum Thema Blutspende in Hamburg und Schleswig-Holstein Land und Leute immer besser kennenlernt.

Pressereferentin beim DRK-Blutspendedienst Nord-Ost am Standort in Lütjensee, Schleswig-Holstein