Anna im Interview

Blut und Stammzellen retteten ihr Leben

Geschrieben am: 20.05.2020

Mit zwölf Jahren erkrankte Anna aus Ulm an Krebs. Während ihrer Zeit im Krankenhaus war sie auch auf Blut angewiesen. Im Interview berichtet die Baden-Württembergerin wie sie diese Zeit erlebt hat.

Anna, mit zwölf Jahren erhoeltest Du die Diagnose Krebs. Wie hast Du darauf reagiert?
Das hat sich am Anfang sehr unwirklich angefühlt und mir wurde erst in den Tagen und Wochen nach der Diagnose klar, wie sehr mich diese Krankheit aus dem Leben reißt. Es war für mich sehr schlimm nicht mehr meinen Alltag leben zu dürfen, nicht mehr in die Schule gehen zu können und keine Freunde mehr zu besuchen.

Du hast den Krebs besiegt und bist heute gesund. Was hat Dir geholfen diese Zeit durch zu stehen?
Vor allem meine Familie und meine Freunde haben mir in dieser Zeit viel Kraft gegeben. Einige sehr gute Freunde haben in der Zeit vor der Transplantation Spenden gesammelt und eine Typisierungsaktion gemacht. Es berührt mich heute immer noch sehr, wie viele Menschen mit mir gekämpft haben. Ich habe viele Briefe bekommen: von Freunden, Verwandten und Klassenkameraden. Auch das hat mir Kraft gegeben, zu wissen, wie viele an mich denken. Mir war immer klar, dass ich so sehr wieder gesund werden wollte. Mein Ziel war wieder einen ganz normalen Alltag ohne Krebs haben zu können.

Anna im Interview

Spielt das Thema Krebs heute noch eine Rolle in Deinem Leben?

Dass ich krank war, wird wohl immer zu meinem Leben gehören, aber gleichzeitig machen sehr viele andere Dinge heute mein Leben aus. Leider habe ich gesundheitlich noch einige Spätfolgen von der Chemotherapie und der Bestrahlung, wie zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion und einen Herzfehler. Das sind aber alles Sachen, mit denen ich gut leben kann.

 

Etwa 19% des gespendeten Bluts geht an Krebspatienten. Wusstest Du das?
Ich wusste nicht, dass es 19% sind, aber da ich insgesamt 2 Jahre immer wieder auf einer Krebsstation lag, habe ich natürlich mitbekommen wie viele, einschließlich mir auf das gespendete Blut angewiesen waren. Für uns alle haben die Blutkonserven zu unserem Alltag gehört.

Hast Du auch während Deiner Chemotherapie Blut erhalten? Wie war das für Dich?
Ja, ich habe viele Male Blut erhalten. Es war für mich die einzige Möglichkeit die Blutwerte nach den sehr aggressiven Chemotherapien wieder halbwegs zu stabilisieren. Irgendwann wurde es für mich normal fremdes Blut zu bekommen, aber deswegen nicht weniger wertvoll.

Wusstest Du, dass nur drei Prozent der deutschen Bevölkerung Blut spendet? Überrascht Dich das?
Ja, diese Zahl überrascht mich, vor allem, da grade aus meinem Umfeld Leute immer wieder Blut spenden. Ich finde es sehr schade, aber ich denke, dass vielen einfach nicht bewusst ist, wie viel sie mit verhältnismäßig wenig Aufwand erreichen können und wie sehr diese Spenden benötigt werden.

Was würdest Du allen Blutspendern mit auf den Weg geben wollen?

Mir haben die Blutspenden mit, das Leben gerettet, ich wäre wahrscheinlich nicht mehr hier, hätten einige Menschen nicht ihr Blut gespendet für Menschen wie mich, die es so sehr brauchen. Ich bin jedem dankbar, der sein Blut spendet und freue mich über jeden der andere dazu motiviert und informiert.

Blutspenden darf man sobald man das 18. Lebensjahr erreicht hat. Wusstest Du, dass das Durchschnittsalter eines Erstspenders bei 29 liegt? Überrascht Dich das?
Ich kenne zum Glück viele Menschen unter 29 die schon ihr Blut gespendet haben. Aber ich schätze mal, dass viele jüngere Menschen auch einfach noch nicht so viele Berührungspunkte damit hatten wie wichtig Blutspenden ist. Es wäre aber natürlich sehr schön, wenn auch immer mehr jüngere Menschen spenden würden.

Du hast auch eine Stammzellspende erhalten, richtig? Wie war das für Dich?
Ja genau, 2007 war meine Stammzelltransplantation. Diese Zeit war für mich sehr schwer, körperlich und psychisch. Der Vorgang der Transplantation an sich ist aber unspektakulärer als man denkt. Ich bekam die Stammzellen per Infusion. Umso größer war die Bedeutung. Nur wegen diesen gespendeten Stammzellen kann ich heute noch am Leben sein. Das war mir in diesem Moment allerdings nicht so bewusst wie es mir heute immer wieder bewusst wird.

Denkst Du noch oft an die Zeit zurück?
Es gibt schon einige Situationen, in denen immer wieder Erinnerungen von damals hochkommen und diese Zeit wird auch immer ein Teil von mir bleiben. Aber ich habe mein Leben seitdem weitergelebt. Trotzdem hat mich diese Zeit wahrscheinlich schon sehr geprägt. Ich versuche dadurch viele Dinge anders wertzuschätzen.

Was würdest Du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Ich glaube, jeder muss in einer solchen Situation seinen eigenen Weg finden damit umzugehen. Es hilft, sich bewusst zu machen, was einem gut tut und was einem Kraft gibt und daran hält man dann fest. Für mich war es enorm wichtig, mein Ziel vor Augen zu haben: wieder gesund werden! Und manchmal muss man eben auch jeden Tag neu schauen, wie man damit umgeht.

Motivierst Du andere zur Blut- oder Stammzellspende?
Ich rede schon immer wieder mit Menschen darüber, und ich habe gemerkt, dass ganz viele nicht registriert sind oder kein Blut spenden, weil es ihnen nicht bewusst ist, wie wichtig das sein kann. Ich freue mich deswegen immer, wenn ich Menschen dazu ermutigen kann. Einige meiner Freunde haben sich typisieren lassen und waren auch schon Blut spenden. Das berührt mich immer sehr.

Was würdest Du Menschen, die dieses Interview lesen und noch unsicher sind, ob sie Blut- oder Stammzellen spenden sollen, mit auf den Weg geben wollen?
Viele Menschen, mit denen ich über meine Krankheit und die Stammzelltransplantation rede, wissen gar nicht, wie unkompliziert eine Typisierung ist und wie einfach es ist Blut zu spenden. Vor allem im Verhältnis zu der Chance, dass damit jemand weiterleben kann. Ich möchte so gerne jeden bitten, der noch nicht typisiert ist, sich damit auseinander zu setzen und sich bewusst zu machen, was man damit bewirken kann. Ich wäre heute tot, wenn sich dieser eine Mensch, dessen Stammzellen ich bekommen habe, nicht dazu entschlossen hätte, sich typisieren zu lassen und weil einige Menschen ihr Blut gespendet haben, dass ich sehr dringend gebraucht habe.

Und zum Abschluss: Wie geht es für Dich weiter? Magst Du uns von Deinen Zukunftsplänen erzählen?
Ich bin seit letztem Jahr fertig mit meinem Studium und arbeite seitdem als pädagogische Fachkraft in einer Kita und bin damit sehr zufrieden. Ansonsten finde ich es schwierig Pläne zu machen. Ich möchte glücklich und gesund sein, so wie wahrscheinlich jeder und der Rest ergibt sich hoffentlich.

Wir bedanken uns für das Interview liebe Anna und wünschen Dir für Deine Zukunft weiterhin alles Gute!

Erfahre in unserem Magazinbeitrag "Mit Blutspenden Krebspatienten helfen" mehr zum Thema Bluttransfusion bei Krebspatienten und was Du mit Deiner Blutspende bewirken kannst.

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Greta Zicari DRK-Blutspendedienst
Greta

Wenn Greta nicht für das Magazin schreibt, findet ihr sie vermutlich draußen in der Sonne.

Referentin für digitale Kommunikation und Social Media beim DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg Hessen, Standort Frankfurt