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Wenn das Immunsystem streikt: Blutplasma im Kampf gegen CVID

Geschrieben am: 21.05.2021

Menschen mit Immunerkrankungen sind oft lebenslang auf Immunglobuline angewiesen, die aus Spenderblut gewonnen werden

 Blutspenderinnen und Blutspender retten jeden Tag Menschenleben. Verbindendes Element bei einer Bluttransfusion ist dieselbe Blutgruppe, die Blutspender und -empfänger miteinander vereint. Unsere Kampagne „It’s a match!“ lässt nicht nur Lebensretter zu Wort kommen, sie gibt auch den Patienten eine Stimme und ein Gesicht, die dank Bluttransfusionen zum Beispiel einen Unfall überlebt haben oder trotz einer schweren Erkrankung wieder positiv in die Zukunft schauen können. Sie alle machen Mut und können noch mehr Menschen zum Spenden motivieren. Hier erzählen wir ihre bewegenden Geschichten.

Friedolin Strauss wurde vom Blutspender zum Empfänger von Blutpräparaten

Friedolin Strauss

Vor wenigen Tagen - am 29. April - wurde weltweit der Tag der Immunologie begangen. Der Aktionstag fand in diesem Jahr bereits zum 17. Mal statt und soll helfen, Themen rund um die Immunologie und das Schicksal von Menschen mit angeborenen Immundefekten in die Öffentlichkeit zu rücken. Betroffene wie Friedolin Strauss sind lebenslang auf Medikamente angewiesen, die aus freiwilligen Blut- oder Plasmaspenden gesunder Menschen hergestellt werden können. 

 

Friedolin Strauss war selbst Blutspender und hat mit seinen Spenden Leben gerettet, seit einer schweren Autoimmunerkrankung steht der dreifache Vater auf der anderen Seite. Lebenslang benötigt er selbst nun aus Blutplasma hergestellte Medikamente.

Der 37jährige Ingenieur für Luft- und Raumfahrt aus Süddeutschland kann heute ein relativ normales Leben führen, drei Mal pro Woche injiziert er sich 20 Milliliter eines aus Blutplasma hergestellten Medikaments. „Ich kenne beide Seiten“, lacht Friedolin Strauss. Als junger Mann ging er regelmäßig alle zwei Monate in seinem Heimatort zur Blutspende. "Als Spender war es für mich sehr motivierende, wenn ich dort Jemanden getroffen habe, der Empfänger von Bluttransfusionen war. Ich habe mich auch zum Rettungssanitäter ausbilden lassen während meines Zivildienstes beim DRK“, erinnert sich Friedolin an das Leben vor der Erkrankung, die alles verändert hat. Zuletzt war er auf der Schwäbischen Alb beim DRK als Bergretter aktiv.

Die Krankheit hat sein Leben von Grund auf verändert

Mit 21 Jahren erkrankte Friedolin an Pfeiffer‘schem Drüsenfieber. „Das war der Auslöser für die Aktivierung eines angeborenen Immundefektes, der bis dahin unerkannt und ohne Symptome war“, sagt er. Bis dahin führte Friedolin gesundheitlich ein ganz normales Leben. Als Kind nicht besonders krankheitsanfällig, das Immunsystem auf der Höhe. Weder die regelmäßigen Arztbesuche, noch die Eingangsuntersuchung für den Zivildienst waren auffällig. Dann aber, kurz vor Ende des Zivildienstes die Diagnose: Pfeiffer‘sches Drüsenfieber. Friedolin hatte hohes Fieber, nach wochenlanger Bettruhe fühlte er sich gesund. Doch ein paar Jahre später bemerkte er auf einmal stark geschwollene Lymphknoten hinterm Ohr und hatte schlechte Blutwerte. Er war mitten im Studium der Luft- und Raumfahrttechnik, hatte den Abschluss vor Augen. Da eine Krebserkrankung nicht auszuschließen war, wurden aus den Lymphknoten Gewebeproben entnommen und Blutwerte analysiert. „Die gute Nachricht war: es war kein Krebs“, erinnert sich Friedolin. Die weniger Gute jedoch lautete: Alle Antikörper (Immunglobuline) sind weit unter dem notwendigen Schwellwert und kaum noch nachweisbar. Friedolin erinnert sich: „Bei diesen Werten, meinte der behandelnde Arzt später, war es damals eigentlich ein Wunder, dass ich überhaupt noch gelebt habe“.

Früherkennung als Erfolgsfaktor

Der Raumfahrt-Experte hatte Glück im Unglück. Sein behandelnder Arzt erkannte schnell, dass das Thema „Immundefekt“ für die Blutwerte verantwortlich sein könnte und empfahl einen Besuch bei Experten der Universitätsklinik Freiburg. Schließlich die Diagnose: Friedolin leidet am variablen Immundefektsyndrom CVID. Ein angeborener Immundefekt, vermutlich aktiviert durch die Erkrankung an Pfeiffer’schem Drüsenfieber Jahre zuvor. Sein Glück: Dank gut informierter Ärzte wurde sehr schnell eine Diagnose gestellt – über ein Krankheitsbild, das bei vielen Patienten bisweilen über Jahrzehnte unentdeckt bleibt.

Blutplasma – der Grundstein für lebensrettende Präparate

Die Behandlung am Uniklinikum startet sofort: Das Immunsystem wurde im Monatsrhythmus vor Ort durch die Zufuhr von Immunglobulin-Präparaten, gewonnen aus Blutplasma, gestärkt. Nach einem halben Jahr mit zwar wirkungsvoller, aber stark belastender Therapie, folgte dann eine deutliche Erleichterung: Friedolin erhielt Medikamente, die er sich zuhause selbst subkutan zuführen, also unter die Haut spritzen kann. Ein absoluter Gewinn: „Diese Therapie macht es mir möglich, ein beinahe normales Leben zu führen. Denn ohne die regelmäßige Zuführung von Immunglobulinen wäre mein Körper schnell in einem absolut lebensbedrohlichen Zustand.“

Friedolin ist klar, wem er sein neues Leben zu verdanken hat: „Es ist ein lebensrettendes Netzwerk – Teamwork!" Vor allem fühlt er sich all den selbstlosen Blut- und Blutplasmaspendern verbunden, ohne deren Engagement die lebensrettenden Immunglobuline nicht zur Verfügung stünden. Ebenso gehören für ihn zum Team die Arzneimittelhersteller, die daraus wirkungsvolle Medikamente entwickelt haben. Als Regionalleiter Stuttgart-Ulm engagiert er sich ehrenamtlich bei der dsai e.V. Patientenorganisation für angeborene Immundefekte , die u.a. mit regelmäßigen Ärzteschulungen zum Thema „angeborene Immundefekte“ die Sichtbarkeit des Themas und dadurch die Erkennungswahrscheinlichkeit erhöht. www.dsai.de

 

Friedolins emotionale Botschaft gilt den uneigennützigen Spendern: „Ohne Euch, die Vollblut- und Plasmaspender, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Deshalb, in meinem Namen und im Namen meiner Frau und meiner drei Kinder: Vielen Dank, dass ich leben darf!“

 

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Kerstin, Autorin digitales Spendermagazin
Kerstin

Das Thema Blutspende hat so viele interessante Facetten, wir stellen sie hier vor.

Pressesprecherin DRK-Blutspendedienst Nord-Ost, Standort: Berlin